Farben gibt es ja allerhand. Lila, Zinnoberrot, Kackbraun. Doch nur wenige haben alle Trends und Wandlungen des Zeitgeistes so hervorragend überstanden wie Grün. Und obgleich die historischen Aufzeichnungen teilweise lückenhaft sind, können wir mit Hilfe von Zeitzeugen dennoch ein recht umfassendes Bild vom aufregenden Leben Grüns zeichnen. Der verblüffte Leser wird dabei über amüsante und herzzerreißende Anekdoten stolpern und sicherlich das ein oder andere Mal „Ach du grüne Neune!“ ausrufen. Also bitte:
Geboren wurde Grün im antiken Griechenland am 17. März 532 vor Christus, also im selben Jahr als Milon von Kroton seinen zweiten Olympiasieg im Ringen feierte. Zufall? Mit absoluter Sicherheit. Anfangs war Grün noch etwas Grün hinter den Ohren, ein Grünschnabel wenn man so will, aber seine Eltern setzen alles daran ihn zu einer anständigen Vollfarbe zu erziehen. Liebevoll ließ ihn seine Mutter Gelb die Zitronen und Paprika und Bananen anstreichen, bevor sie selbst noch einmal mit geübtem Pinselschwung drüberwischte. Doch schon zu diesem frühen Zeitpunkt zeigte sich, daß aus dem grünen Jungen mal etwas werden würde. Vom Greenhorn zum grünen Star.
Auch sein Vater Blau unterwies den Jüngling in den Grundlagen des Lebens. Einst selbst als Fleck bei verschiedenen paramilitärischen Ausscheidungswettkämpfen gestartet, brachte er seinem Sohn alles bei, was es über Selbstverteidigung zu wissen gab. Gern nahmen sie dann gemeinsam das Recht auch mal selbst in die Hand, Interpol war ja noch nicht erfunden. Und so wurde, wenn sich Vater und Sohn mal wieder grün und blau geärgert hatten, der Übeltäter auch schon mal grün und blau geschlagen, und zwar gründlich. Dieser etwas unfeine Charakterzug zog sich dann auch durch das weitere Leben von Grün und führte zur Scheidung seiner ersten Ehe. Man kann also sagen, die grüne Minna war ihm nicht unbekannt.
Die Ambivalenz dieser Kindheit, gefangen zwischen Kunst und Kampf, durchzog nun auch die Jugendjahre von Grün. Fern noch waren die Tage, da eine ganze Woche nach ihm benannt werden sollte, und man ihn über den grünen Klee loben würde. Die aufstrebende Farbe musste sich diese Meriten erst noch verdienen. Ziellos und ungeübt wanderte er durch die Welt, um die Menschen mit seinen Fähigkeiten zu beeindrucken. Nachdem er einige Zeit in Babylon verbracht hatte, machte es sich, aufgrund des anhaltenden Smogs, ein recht unbedeutendes Asthma in seinen Atemwegen bequem. Schlaflos und gereizt von nächtlichen Hustenanfällen, beschloß er eine mittelgroße Pinienplantage um die Stadt herum anzulegen. Eine grüne Lunge. Leider lockte dieser neue Wald auch Heerscharen von, mittlerweile zum Glück ausgestorbenen, Melonenstörchen an. Diese fraßen zwar die schädlichen Baumfrösche von den Pinien, verrichteten dann ihre Notdurft aber im Fluge über der Stadt. Notdurft in Form, Farbe und Geruch einer Wassermelone nicht bedeutend unähnlich. Es war die grüne Hölle und unser Protagonist rasch über die grüne Grenze enteilt.
Er erkannte jedoch schnell, daß das Gras in Nachbars Garten auch nicht grüner ist. Überall musste man ackern, um auf einen grünen Zweig zu kommen. Glücklicherweise lernte er schon kurz darauf seine zweite Frau Frühling kennen. Die erste Ehe mit einer babylonischen Tavernendirne war wie bereits erwähnt aufgrund häuslicher Gewalt und resultierender Kopflosigkeit der Gattin bereits geschieden worden. Mit Frühling jedoch war alles anders und im grünen Bereich. Gemeinsam bauten sie die erfolgreiche Gärtnerei „Grüner wird´s nicht!“ auf. Diese lief so gut, daß sie nur drei Monate im Jahr arbeiten mussten und ansonsten das Leben genossen.Seit diesen Tagen ist es etwas ruhiger um Grün geworden. Zwar hatte er, aus Langeweile und in schwärmerischer Erinnerung an die Kindheitserlebnisse mit seinem Vater, einmal versucht ein übellauniger und ungerechter Diktator zu werden, aber die zu diesem Zwecke gegründete Partei wollte alles am grünen Tisch entscheiden, was ihm dann doch zu langweilig war. Heute ist Grün eher ein häuslicher Typ und züchtet Grünfinken und Grünspechte als Dachsfutter. Einmal im Jahr haut er jedoch noch ordentlich auf die Pauke. Jedes Jahr am 17. März, seinem Geburtstag, lässt er die Frau als grüne Witwe zurück, zwitschert sich einen bis er giftgrün anläuft und lädt alle ein es ihm gleich zu tun.
Happy Birthday Grün und noch ein langes Leben!
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