Halberdachtes von HENMAN – Dankbarkeit

„Wenn Jesus am selben Tag geboren, gestorben und wieder auferstanden wäre, wäre das wie Weihnachten, Geburtstag und Ostern an einem Tag“ sagen die einen, „Hast Du eigentlich noch alle Schindeln aufm Vordach?“ wüten die anderen. Recht haben sie beide. Irgendwie.

Schließlich geht es auch mir auf den Sack, daß alle privaten Fernsehsender alljährlich den neuesten Praktikanten in die Fußgängerzone schicken, um ohnehin gestreßten Passanten aufzulauern. „´Tschuldigung“, sagt der Scherge von „taff“ oder den RTL2-„News“ dann zu einer lustig gekleideten 15-Jährigen mit Wehmut im Blick, „weißt du eigentlich warum wir Ostern feiern?“. Weiß sie natürlich nicht. Warum fragt der auch nicht wann der eine da von One Direction Geburtstag hat. Das wüsste sie. Aber Ostern. Da muß sie raten: „Ähh, weil jetzt Frühling ist und alles bunt und die Hasen ihre Eier legen?“. Knapp daneben. Man lässt sie noch einige Sekunden unsicher in die Kamera grinsen und zieht dann weiter. Menschenverachtend, sinnlos, dumm. Bringt niemanden weiter und keinerlei Erkenntnis.

Dabei ist die Grundidee gar nicht mal so verkehrt. Wenn schon alle miteinander ein paar Tage frei bekommen, dann kann man sich ruhig ein paar Minuten dafür nehmen sich die aberwitzige backstory reinzuziehen. Schließlich ist die die Basis des Glaubens einiger hundert Millionen Menschen und damit irgendwie auch der Kreuzzüge, Hexenverbrennungen und sexuellen Belästigung von Schutzbefohlenen. Leichter, amüsanter Stoff eben.

Am Donnerstagabend sitzt Jesus mit seinen Homies beim Essen. „Mmh lecker, gefüllter Hermelindarm“, sagt vermutlich einer, weil man sowas vermutlich damals gegessen hat. Jesus weiß schon, daß Judas voll die Petze ist, schließlich grinst er irgendwie immer so nervös, lässt sich aber nichts anmerken. Vielmehr erzählt er spannende, selbst ausgedachte, Stories über Tod und Unsterblichkeit und Nächstenliebe. Prompt wird er am nächsten Tag verhaftet und direkt wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit verurteilt. Ironie des Schicksals. Damals hatte man blöderweise nicht soviel Zeit wie heute, so daß auch die Mühlen der Justiz sich keinerlei Müßiggang erlauben konnten. Noch am selben Abend ist der Ofen aus.

Da Elektrizität und damit der mit ihr gestrichene Stuhl noch nicht erfunden ist, entscheidet man sich für die Vintage-Lösung im Hinrichtungsbereich. Leider ist der zuständige „Kopp-ab“-Beamte gerade auf der Fortbildung „Die ersten dreißig Jahre der Zeitrechnung – Ein Resümee“ und kann daher nicht vollstrecken. Das geringe Budget im Auge behaltend, muß also umdisponiert werden. Ruckzuck wird aus zwei windschiefen Latten ein Kreuz und der Delinquent anschließend daran genagelt. Effizenz im Altertum.

Die Fans von Jesus´ wirren Geschichten übers Teilen und Nächstenliebe sind natürlich nicht so erfreut, daß der zuständige Statthalter Pontius Pilatus hier so einen Hotten macht und den Profipropheten mit dem Hipsterbart direkt über den Jordan schickt. Den ganzen Samstag lang sind sie nur am lamentieren und wehklagen und dergleichen. Jesus jedoch, als wäre er der uneheliche Sohn von Siegfried und Roy, hat noch ein Ass im Ärmel.

Quietschfidel kommt er am Sonntagmorgen angeschlurft. „Überraschung!“, ruft er und verneigt sich unter tosendem Applaus mehrfach. Ein echter Teufelskerl dieser Sohn Gottes. Und um dieser beeindruckenden ersten Magic Show zu gedenken, kaufen wir heute alle den Lindt Hasen mit dem Glockenhalsband. Oder malen Kükenwohnungen bunt an und hängen sie in die Weiden. Oder brüllen „heiß“ und „kalt“ und „Beeilung, ich hab´ Hunger“ während der Nachwuchs durchs Unterholz stolpert. Ein Heidenspaß.

Vielen Dank also Jesus, daß du deinen Papi überredet hast die ganze Nummer mit dem Sterben und dann Wurmfutter sein nicht ganz so eng zu sehen. Danke auch, daß du dir mit der Wiederauferstehung ein wenig Zeit gelassen hast, so daß mehrere freie Tage rausspringen. Du bist eben ein Mann des Volkes. Und schlußendlich noch vielen Dank für die Erfindung des Hasen, der Eier und der Dankbarkeit. Vielen Dank.

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